Riebeckplatz Süd-Ost

Mitarbeit: Lorenza Manfredi

mit KSP Jürgen Engel Architekten

Weitsichtiger Dachgarten

Die Dachfläche auf dem siebten Obergeschoß soll durch die intensive Begrünung mit einem regelmäßigen Hain aus Kleinbäumen in die neue Vegetationsstruktur des zu verdichtenden städtebaulichen Umfeldes eingefügt werden. Das Kronenvolumen des Dachgartens ist dabei sowohl von den unmittelbar angrenzenden Platzflächen zu sehen, als auch von den passierenden Zügen aus. Beim Blick aus den oberen Hotelgeschossen zeigt sich das Bild eines üppig bewachsenen, mehrschichtigen Gartens. Die auch mit wintergrünen Stauden, Gräsern und Farnen bewachsene Bodenebene wird vom lichten Kronendach der Felsenbirnen und Ebereschen überlagert, deren imposante Herbstfärbung ein schillerndes Farbwechselspiel in den Vegetationsebenen erzeugt. Der Dachgarten wird, von der Fassadenschicht der Lisenen zurückversetzt, von einer dunkelfarbigen Mauer umfasst, und bildet auf dieser Betrachtungsebene eine stille, dichte Innenwelt. Der Garten ist nicht als betriebsamer Aufenthaltsraum konzipiert; ein ruhiger Gang durch den Garten könnte aber über den schmalen Ringweg für neugierige Hotelgäste ermöglicht werden. Der Weg führt hierbei von der Anschlussebene des 7. Obergeschosses auf die Bepflanzungsebene der Begrünung und generiert so auf kurzer Strecke das Erlebnis in den Kronenraum der Gartenbäume einzutauchen. Mit dem großen Vegetations- und Substratvolumen kann der Dachgarten nicht unerhebliche ökologische Funktionen erfüllen (u.a. Retention, Verdunstung, Habitat). Der Pflanzbereich hat einen Gesamtaufbau von 65 cm über der als 0%-Gefälledach ausgeführten Decke. Die Drainageebene ist als Anstauebene mit automatischer Regelung der Anstauhöhe ausgeführt. Diese sehr einfache Bewässerungtechnik stellt das Wasser für alle Pflanzen kapillar zur Verfügung; die mechanische Regelung (Schwimmer/Ventil) ist an den Notüberlaufpunkten mit einem Revisionskasten kontrollierbar. Die Bäume sind mit Gurten an in das Substrat eingelegte Ankermatten unmittelbar nach der Pflanzung stabil verankert. Die gewählten Bäume (Sorbus aucuparia und Amelanchier lamarckii) sind auch in Hinblick auf die extremen mikro-klimatischen Bedingungen ausgewählt (v.a. Hitzestrahlung, Windexposition).

Begrünte Vertikale

Das Erlebnis des Luftraums, der die oberen Geschosse zwischen Innenraum und aussenliegenden Lisenen umgibt, wird als eine ‚Filterschicht‘ mit vertikal aufstrebenden Rankpflanzen begrünt. Die einzigartige Gegebenheit, dass hier eine Fassade quasi von innen begrünt ist, wird Teil des besonderen Erlebnisses Restaurant und Bar im 17. und 18. Geschoss zu besuchen. Die Rankpflanzen klimmen an Einzelseilen, die innen an den Lisenen mit vorgefertigten Ankerhülsen aufgehängt sind (Abstand Seil vor Lisene ca. 10 cm, Abstand zwischen Seilen 1,23 m). Die drei gewählten Pflanzen Pfeifenwinde, Akebie und Immergrünes Geißblatt sind hierbei sowohl auf die (maximale) Rankhöhe, die Schatten/Halbschattensituation, als auch auf die Robustheit und Standortgerechtigkeit hin ausgewählt. Durch die Mischung von sommer- und immergrünen Pflanzen sind hier saisonal wechselnde Licht- und Farbspiele zu beobachten. Die Pflanzen sind in einer aussen umlaufenden Trogkonstruktion gepflanzt. Diese wird ebenfalls umlaufend mit einer automatisch gesteuerten Bewässerungsautomatik versorgt. Die Tröge werden zusätzlich mit (überwiegend immergrünen) Stauden und Gräsern bepflanzt. Alle drei Rankpflanzenarten sind recht schnellwüchsig, sodass innerhalb ein, zwei Jahren Bewuchs zumindest bis zum 18. Obergeschoß zu erwarten ist. Die Wüchsigkeit der Pflanzen wird mit Abstimmung der zur Verfügung gegebenen Substratmenge und Bewässerung gesteuert. Entsprechend kann der Wuchs somit langfristig auch begrenzt werden. Außer regelmäßigen Sichtkontrollen sind die Rankpflanzen sehr wartungsarm. Nach etwa 3 bis 4 Jahren könnten teilweise Rückschnitt nach Bedarf nötig werden. Hier ist langfristig etwa ein Einsatz je Jahr nötig. Etwaig abgestorbene (größere) Pflanzenteile sind bei Bedarf zu entfernen (Brandschutz). Die sichtnahe Pflanzung auf der Bodenebene sollte mit üblicher, saisonal angepasster gärtnerischer Arbeit begleitet werden: zum Beispiel einmal je Jahreszeit. Zwischen Pflanztrog und 17. Obergeschoß ist ein Gang (Breite 1,35 m) der für Zwecke der Fenster- und Fassadenreinigung, sowie als Zugang zu den Pflanzungen zugänglich ist. Die typische Auflast der Trogkonstruktion (80 cm Höhe, 90 cm Breite) über Dichtung liegt bei etwa 700 kN je Laufendmeter (ca. 780 kN/m2 ) (wassergesättigt, Trogkonstruktion berücksichtigt).

Vorplätze

Das neue Gebäude wird – zusammen mit den weiteren geplanten Bauten – als prägnanter Solitärbau am Riebeckplatz stehen. Es hat in stadträumlich exponierter Lage zusammen mit den neu zu formulierenden Freiflächen eine wichtige Verknüpfungsfunktion. Das Konzept für deren Gestaltung zielt darauf, im vorhandenen, funktional ausgerichteten, offenen, topographisch-landschaftlich konzipierten Umfeld klar gefasste Räume zu schaffen. Diese können zusammen mit den neuen Funktionen und Angeboten zu städtischen Orten werden. Neben dem Angebot von Platz- und Wegflächen sind wesentliches gestalterisches Mittel hierzu große, deutlich geometrisch formulierte Baumgruppen, die mit den neuen architektonischen Setzungen jeweils unmittelbare Beziehungsräume schaffen. Für den Neuen Platz nördlich des Kongresshotels sehen wir eine Gruppe von lichtkronigen, aufstrebend wachsenden Gleditschien vor. Die Lederhülsenbäume haben einen etwas sparrigen Wuchs und geben dem neuen Ort eine ‚skulpturale‘ Grundatmosphäre. Das sich im Herbst leuchtend gelb verfärbende Laub unterstützt diese Sonderrolle. Die Vorfahrt im Süden des Gebäudes ist als Mischverkehrfläche konzipiert, die mit zwei verschobenen, im Raster gepflanzten, ‚urbanen‘ Lindengruppen den Hotelvorplatz räumlich fassen und vom Busbahnhof separieren. Zur Merseburger Strasse hin schafft eine kurze Reihe von fünf Purpurerlen eine räumliche Anbindung des Gebäudes an die Strasse. Die dichte Bepflanzung des Dachgartens über den Kongressräumen mit (kleineren) Bäumen) soll als Teil dieses Ensembles von Baumgruppen verstanden werden. Die grosse doppelte Baumgruppe (z.B. Linden) nördlich der Delitzscher Strasse bindet das dort geplante, städtebauliche Ensemble in analoger Weise an die Straße an. Bauliche Fassung Das Kongresshotel ‚bespielt‘ den Höhensprung von der Ebene Busbahnhof bis hinab zum Neuen Platz, der nach Ost und West räumlich prägnant durch die beide Brückenbauwerke des Riebeckplatzes und der Bahnhofsunterführung begrenzt ist. Wir schlagen vor, der neuen Raumkante Kongresshotel eine Treppen- und Rampenanlage gegenüber zu stellen, die den Platzraum aufweitet und mit Mauern und Treppen auch diese Seite baulich fasst. Darüber hinaus soll die Ostfassade des Kongresshotels mit einer weiteren Treppenanlage aktiviert und in die Modellierung des Geländeversprungs integriert werden. Dies setzt gleichzeitig die Ostseite des Hotelvorplatzes mit der Fußgängerpassage entlang des Bahnhofsgleisfeldes in Sichtverbindung. Die zentrale, öffentliche Treppe im Kongresshotel wird somit zum Ensemble drei urbaner Treppentopographien ergänzt. Die kleine Platzsituation westlich des neuen Gebäudes vermittelt den Hotelvorplatz zur Merseburger Strasse. Sie spannt als (begrünte) Dachkonstruktion über Anlieferung/Tiefgaragenbau zwischen Hotelgebäude und dem Brückenkopf der Überführung am Riebeckplatz.

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