Gipsformerei in Arbeit

Gipsformerei, Berlin. Landschaftsarchitektur und Kunst, Wettbewerb 1. Preis

In Arbeitsgemeinschaft mit studiofutura (Matteo Basta, Marco Smerghetto, Laura Veronese)
Kunst am Bau: Barbara Wille

Weiterführend findet sich eine ausführliche Besprechung des Projektes von Dr. Veronika Tocha auf der Homepage der Gipsformerei: https://blog.smb.museum/das-ei-des-kolumbus-architekturwettbewerb-fuer-die-gipsformerei/

Als Institution der Stiftung Preußischer Kulturbesitz steht die Gipsformerei in funktionaler Dualität zwischen Produktion und Präsentation: Der historische Ort ist zugleich Produktions- und Lagerstätte, Ort der Wissensvermittlung, der Ausstellung und des Verkaufs. Der gemeinsame Entwurf für die künstlerische und landschaftsarchitektonische Gestaltung der Freiräume widmet sich diesem Raumbild des präsentablen, gleichzeitig funktionalen Werkhofs. Konzeptionell steht der Umgang mit Original, Abformung und Replikation im Vordergrund, hierzu gehören Prozess und Veränderung.

Inhaltlich an die Tätigkeiten der Gipsformerei angelehnt, stellen Skulptur und Landschaftsarchitektur Fragen nach dem Verhältnis von gewachsener Form zu kultureller Formung. Zur Sophie-Charlotten-Straße hin schafft die serielle Reihung flacher, kubischer Heckenkörper sowie die Säulenfigur aus replizierten Einzelkörpern eine sichtbare Präsenz der Gipsformerei. Der künstlerische Vorschlag der beiden Säulen im Hof und vor dem Gebäude nimmt die Produktionsästhetik der Manufaktur in den Blick: er greift die Idee der Kopie von Modellen auf. Neben den Heckenkörpern vor dem Gebäude wird der zentrale Hofraum nach Süden hin von zwei Reihen Spalierbäumen aus Feldahorn gefasst, die gleichzeitig die Sequenz der Aussenräume von Ost nach West begleiten. In der Gipsformerei dient die Formgebung der Pflanzen auch der Unterstreichung des Kontrasts: Während die skulpturalen Formgehölze leitende Raumelemente bilden, kontrastieren sie die naturnah konzipierten Bodenoberflächen und -funktionen. Die großzügige Kräuterrasenfläche im Hofraum ist umgeben von einer niedrigen Stützmauer aus Stampfbeton, abgedeckt mit Granitplatten, die der räumlichen Strukturierung und Flächengliederung dient. Die Materialität der Abdeckung nimmt die denkmalgeschützten Decksteine der Einfassungsmauer im Vorgartenbereich auf. Auch im hinteren Gartenbereich befinden sich Mauerstrukturen mit Granitplatten: Hier entsteht mit einer einzelnen Staffelung als Sitzmauer auch ein nach Westen gewandter, vegetationsgeprägter Aussenbereich, der vor allem den Mitarbeiter:innen zugänglich sein soll.

Die Konzeption der Flächen zueinander ist als Schichtung zu lesen, unterschiedliche Zeitlichkeiten werden sichtbar gemacht. Der historische Hofraum ist nach Westen geneigt, die neuen, zur baulichen Erweiterung gehörenden Belagsflächen überlagern die Bestandshöhen; beide sind topographisch so angeordnet, dass sie in die niedrigere (Bestands-)schicht mit offenem Boden entwässern. Des Weiteren faßt eine funktionale Ebene aus ’schwebenden‘ Flächenelementen die unterschiedlichen Zeitschichten zusammen: Zugangsebenen aus Metallrosten verbinden funktional und schwellenfrei Hofflächen und Gebäudezugänge. Der hohe Anteil an Vegetationsfläche trägt ebenso zum Nachhaltigkeitskonzept des Entwurfs bei, wie die biodiverse Pflanzenauswahl, die Wiederverwendung von Material sowie das nachhaltige Regenwassermanagement.