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Realisierungswettbewerb Landschaftsarchitektur, Architektur und Kunst. Mit Gruppe 030, Kartenbeck und Lang Architekten und Ute Vauk-Ogawa, Berlin
Realisierungswettbewerb Landschaftsarchitektur, Architektur und Kunst. Mit Gruppe 030, Kartenbeck und Lang Architekten und Ute Vauk-Ogawa, Berlin
Das Forum des Julius-Kühn-Instituts in Berlin Dahlem führt als Ort des Zusammentreffens nicht nur Mitarbeitende, Gäste und Besucher zusammen. Die mit verschiedenen Neubauten zukünftig auch städtebaulich neu formulierte Mitte verbindet im Freiraum und mit den Gebäuden Arbeitswelten, Funktionen und historische wie auch räumliche Schichten. Das Konzept für die Neugestaltung des Forums basiert auf dem Zusammenführen und Kontextualisieren dieser verschiedenen Schichten, das Kernthema ist die Entwicklung aus dem Bestand. Das strukturell aus Haus C entwickelte neue Forumsgebäude steht an der Schnittstelle dreier Bereiche, die in historischer Kontinuität nach wie vor zuzuordnen sind: Das Entrée / Vorgartenbereich, durch den man zwischen den historischen Gebäuden von Haus A und Haus B ( der ehemaligen Direktorenvilla) in das eigentliche, institutionelle Gelände eintritt, der Hofraum, der als Teil einer „working landscape“, einer Produktionslandschaft, den Übergang zu den Versuchsfeldern, Gewächshäusern und technischen Bauten bildet und der Park, der historisch formal angelegt und inzwischen mit dem zum Wald informell verschmolzenden Arboretum dem Austausch, der Erholung und (wie sicherlich auch historisch konzipiert) auch der Repräsentation dient.
Das neue Forumsgebäude wird direkt über den Entrèeplatz erschlossen, fügt sich in den weiter erschlossenen, ruhigen Freiraum des Parks/Arboretums ein und schliesst mit kommunikativen und didaktischen Freiraumelementen an die Produktionslandschaft von Hofraum und neu entstehenden Labor- und Klimagebäuden an. Als zentral verortetes und räumlich prägnantes Gebäude mit wichtigen verknüpfenden Funktionen lesen wir das Gebäude als Forum im Park.
Der Topos der Pflanzenproduktion wird mit der Arbeit Big Beans / Favas aufgegriffen, die sich an der Geschichte der Nutzpflanze Bohne orientiert. Vier Skulpturen verbinden die einzelnen Schichten, sowie Innen- und Außenraum thematisch und räumlich als mehrteiliges Ensemble. Sie präsentieren sich dem Besucher bereits zu Beginn in der Blickachse vom Entrée und begleiten ihn durch das Gelände.
Freiraum
Das Konzept für die Freiraumgestaltung fokussiert auf die räumliche Verknüpfung und gleichzeitig auf die gestalterische Klärung der drei Freiraumbereiche. Der Park / Arboretum wird als zusammenhängender Raum durch die vorhandenen Bäume geprägt. Zeitgeschichtliche Nadelbäume, Solitärbäume und Baumgruppen sollen durch Auslichten des Unterholzes wieder herausgestellt werden und weitere räumlich Bezüge bis in den Saumbereich des Arboretums geschaffen werden. Die Rasen- und Wiesenbereiche werden hierbei ausgeweitet. Ein Wegenetz – in freier Interpretation bestehender und historischer Trassen und Motive – führt Park und Arboretum zusammen. Mit Ziegelbelag auf den Hauptwegen und ziegelfarbiger wassergebundener Decke wird die bestehende Materialität in den historischen Gebäuden aufgegriffen und als prägnantes gestalterisches Motiv auch im neuen Forumgebäude aufgenommen. Für den Wegebau ist die Einbindung von Material aus dem Schornsteinabriss denkbar. Das (historische) Wegenetz des Vorgartens wird angebunden und somit Vorgarten, Park und Arboretum mit einfachen Mitteln wieder zu einem weitläufigen Park verknüpft.
Auch der Entrèeplatz wird Teil dieses Wegenetzes. Mit dem Entfall des motorisierten Zugangsverkehrs über den Haupteingang bietet sich die Möglichkeit hier eine allseitig angeschlossene Wegeführung zu realisieren, die auf Flankierungen und seitliche Begrenzungen verzichtet. Mit der direkten Verknüpfung der Vorgartenwege erhält der offene Raum zwischen Haus A und Haus B – sowie neu angebunden das Forumgebäude – eine neue repräsentative Verteilerfunktion. Platz und Wege sind – als historischer Anklang – mit Natursteinpflaster (Kleinstein/Mosaik) gepflastert, Pflanzbereiche in diesem Bereich sind – als zeitgeschichtliches Vorgartenmotiv – mit niedrigen Natursteinborden gefasst. Eine im Platzbelag positionierte hohe Leuchtstele markiert die Platzfläche und ermöglicht punktuelle Lichtakzentuierungen der Eingangsbereiche. Die vorhandenen Schwarzkiefern neben Haus B werden im Unterholz ausgelichtet und zu einer prägnanten Kieferngruppe entwickelt. Dieses regionaltypische Raummotiv markiert und filtert den Eintritt ins Innere des Geländes.
Der Hofraum (vgl. Planzeichnung von 1906) ist Übergangsraum zwischen Gebäude A, Forumgebäude, Laborgebäude und der Klimahalle. Durch die neue Zufahrt von Westen entwickelt er (im Alltag) auch eine Funktion als Zugang in das weitere Gelände. Der offene, weite Raum erhält mit einem Gartenfeld einen neuen Funktionsbereich. Eine Reihe aus neun Beeten bindet hier gleichzeitig die geschlossene Fassade von Haus A räumlich an, fasst den Hofzugang zum Gebäude A neu und schafft mehrere neue Aufenthaltsmöglichkeiten. Als Motiv aus den Versuchsfeldern und Beeten der direkt anschliessenden Produktionslandschaft entwickelt, besteht das Gartenfeld aus in sichtigem Ortbeton gefassten Hochbeeten, deren Kantenhöhe mit dem abfallenden Terrain bis zu etwa 1,20 m Höhe ansteigt. Die Zier- und Schaubeete sind wechselnd auch mit Gehölzen und niedrigen Bäumen bepflanzt, um eine differenzierte Räumlichkeit für Aufenthalt und Kommunikation zu schaffen. Mit gegenüberliegenden Bänken ausgestattet kann einer der Abschnitte des Gartenfeldes als „Außensaal“ genutzt werden: für Besprechungen, Besuchergruppen, als Möglichkeit für die didaktische Arbeit des Instituts. Die Bepflanzung soll möglichst im Kontext mit aktuellen Forschungsthemen gewählt werden.
Das Gartenfeld stösst am oberen Ende an den Bereich der Produktionslandschaft an. Als Verknüpfung und Vermittlung setzen sich hier weitere Beete nach Osten fort. Eine niedrige, bordgefasste Rasenfläche vermittelt den Übergangsbereich zwischen Parkwegenetz und neuen Forschungsgebäuden. Die beiden im Park vorhandenen Gewächshäuser könnten als Reminiszenz an die Arbeitswelt und gartenkünstlerisches Motiv in die Neugestaltung einbezogen werden: Nach Rückbau auf die Grundstruktur werden daraus ein niedriges Beet und – überwachsen mit einer Pergola – ein offener Pavillonraum. Hiermit bietet sich ein informeller Aufenthaltsraum für kleinere Gruppen an.
Architektur
Leitgedanke des neuen Forumgebäudes ist das konsequente Weiterbauen des Bestands und seine Transformation in einen architektonisch anspruchsvollen und zukunftsfähigen Bau. Vorgefundene Strukturen und räumliche Fragmente von Haus C werden behutsam aber entschieden architektonisch verdichtet und umgebaut, um einerseits die räumlichen Potenziale der Anlage freizulegen und andererseits große Teile des Bestandsbaus zu erhalten. Übergeordnetes Ziel ist, das Forum in eine neue Beziehung und einen Sinnzusammenhang mit den weiteren Freiräumen und Bestandsbauten zu setzen und eine neue lesbare Mitte als Treffpunkt und Aufenthaltsort zu etablieren.
Der Um- und Neubau stellt sich in seinem architektonischen Ausdruck in einen Kontext bekannter Bilder. Das Langhaus in Ziegel mit Satteldach aus Holz schafft Assoziationen zu ortstypischen vernakulären Architekturen wie Remisen, Gartenhäusern, Scheunen, aber im entfernteren Sinne auch zu Kubaturen von Gewächshäusern (Sempers Stoffwechseltheorie), die sich ebenfalls auf dem Gelände in Dahlem finden. Dieses Narrativ wird bewusst sublimiert indem zum Entrée hin der Gebäudesockel exponiert wird. Dieser trägt die dem Bau angemessene und der Bauaufgabe geschuldete repräsentative Wirkung.
Das neue Forum konstituiert sich aus drei wesentlichen architektonischen Elementen, die bereits im Bestandsbau angelegt sind: Ein Sockel als repräsentatives und vermittelndes Element, zwei in Ziegel gefasste Zwillingskörper, welche die „dienenden Räume“ aufnehmen und ein prägnantes, alles überspannendes Satteldach. Als Herz der Anlage umfassen diese Elemente in ihrer Mitte einen großzügigen Saal, der sich in Sichtachse des Eingangs, über vorgelagerte überdeckte Terrassenflächen nach Süden zum Entrée und nach Norden zum Park mit den Freiräumen verzahnt. Der Saal versteht sich als ein „bedienter Raum“ im Sinne einer flexiblen und nutzungsoffenen Bespielung. In der Überlagerung der Funktionen Lesen, Essen, Aufenthalt am selben Ort entstehen soziale Synergien – das Forums als Ort des Austauschs. Über die großen Schiebefenster oszillieren die Grenzen von Innen- und Außenraum. Dieser Gedanke wird durch die einheitliche Ziegelpflasterung von Terrassen und Saal und einem Oberlicht als Öffnung in Richtung der Baumkronen des Park / Arboretums weiter betont.
Der Sockel dient einerseits als repräsentatives Element, andererseits als vermittelndes Element für die Einbettung des Gebäudes in den natürlichen Geländeverlauf. Die repräsentative Seite nach Süden wird von einer großzügigen Stufenanlage mit Treppen, Sitzstufen, einer barrierefreien Rampe und einem Podest formuliert. Die materielle Umsetzung des Sockels in Ziegel knüpft das geplante Wegenetz in direkter Weise an den Forumbau an. Zur Parkseite ist der Sockel lediglich als Wechsel im Bodenbelag erkenntlich und schafft hier unmittelbare Verbindung von Haus zu Garten.
Die dienenden Räume im Erdgeschoss sind in zwei zueinander versetzten, in Ziegel gefassten Zwillingskörpern untergebracht. Das östliche Volumen beherbergt die Büro- und Verwaltungsräume der Bibliothek und verbleibt im Wesentlichen innerhalb der Struktur und Mauern des Bestands. Der westliche Bauteil beinhaltet die Küchenräume und ist in großen Teilen als Neubau in ökologischer Leichtbauweise konzipiert. Gemeinsam ist Ihnen die Volumetrie und das Kleid aus Recyclingziegeln, sodass die Grenzen von Bestandsbau und ergänzenden Teilen im architektonischen Ausdruck nicht in Erscheinung treten.
Ein prägnantes Satteldach fasst die verschiedenen Räume des Hauses in einer großen Geste zusammen. Die Sparren und Binder des Dachstuhls sind leicht gevoutet und verleihen der Struktur Leichtigkeit. Die Dachstruktur ist im zentralen Saal, den angrenzenden Terrassen und in Mittelachse der Ziegelvolumen sichtbar gestaltet und gliedert den Raum. Ein filigraner Dachüberstand leitet über in den Platz- und Parkraum und schützt die Fassade vor Witterungseinflüssen. Im Bereich der Terrassen entstehen durch die versetzten Ziegelkörper sowohl schattige als auch sonnige Aufenthaltsräume im Außenbereich vor dem Haus.
Das Untergeschoss ist aus dem Bestand heraus entwickelt, sodass die wesentliche Struktur des unterirdischen Stahlbetonbaus bestehen bleibt. Einige strategische Interventionen zur Erschließung, Belichtung und Umnutzung kennzeichnen den minimalinvasiven Eingriff, der darauf bedacht ist eine Balance aus angemessenem Umbau zur Schaffung von hohen Aufenthaltsqualitäten und Erhalt der Struktur anzustreben. Es entstehet ein attraktiver, mit Tageslicht belichteter Magazinraum mit temporären Arbeitsplätzen. Die Verlagerung von Nutzungen in das aufgewertete Untergeschoss ermöglicht ein kompaktes oberirdisches Volumen.
Kunst
Die mehrteilige, installative Raumbesetzung Big Beans / Favas für das Julius Kühn-Institut für Kulturpflanzenforschung ist konzipiert als Hommage an die ungeheuere Kraft der Vitalität, symbolisiert durch die Darstellung der stark überdimensionierten Samen der Bohnenpflanze, die als Nahrungsmittelnutzpflanze in unzähligen Zuchtvarianten weltweit seit ca. 6500 Jahren die Menschheit begleitet. Sie symbolisiert hier durch ihre typische Form das embryonale Entstehen, den Anfangszustand, die Offenheit, die rätselvolle Kraft der Lebendigkeit und steht auch für die unfassbare Kooperationsbereitschaft der Natur mit dem experimentierenden Menschen, ohne die es zu keinerlei Entwicklung kommen könnte.
Jenseits von seinem Nutzen als Nahrungsmittel bietet der Bohnensamen mit seiner schlichten prägnanten Form und der ihm immanenten vitalen Energie seit Jahrtausenden auch ein Spielfeld für die menschliche Phantasie, die ihn als Assoziationsträger in religiöse, mythische, philosophische und sogar politische Zusammenhänge stellte. So lassen sich Bohnensamen in religiösen Ritualen der Mayas belegen, die frühe griechische direkte Demokratie bediente sich der Bohne bei anonymen Abstimmungen. Im alten Testament der christlichen Bibel, sowie in zahlreichen überlieferten Volksmythen und Märchen fungierte die Bohne weltweit als Bedeutungsträgerin und Protagonistin.
Die hier für das Institut für Kulturpflanzenforschung konzipierte mehrteilige Installation aus Granitsteinobjekten erstreckt sich über den Forumseingangsbereich bis hin zum parkartigen Gelände zwischen Forum, Arboretum und Laborgebäude.
Während sich die eine in sich geschlossene Einzelskulptur im Eingangsbereich des Forums liegend durchaus nachdrücklich Aufmerksamkeit verschafft, bietet sich das Ensemble der drei Granitobjekte im Außenraum in seinem lockeren Zusammenspiel untereinander und mit dem Parkraum zwischen Laborgebäude und Forum den dort verweilenden Passanten als poetischen Denkanstoß an, ohne sich aufzudrängen. Die drei Außenraumskulpturen im Park sind so platziert, dass eines der Objekte schräg auf dem darunterliegenden abgestützt ist, wodurch sich im Spiel mit der Schwerkraft eine interessante Dynamik entwickelt. Das dritte liegende Objekt tritt mit dieser Zweiergruppe in eine spannungsreiche räumliche Beziehung. Das Längenmaß der Einzelobjekte orientiert sich in etwa an der Körpergröße eines erwachsenen Menschen.
Die geplante Färbung der verschiedenen Granite bewegt sich im Spektrum der Schwarzabstufungen, der Rottöne und der ins warme Weiß gehenden Färbungen. Sie werden endgültig erst bei der Steinauswahl im Realisationsfall zueinander passend, bzw. sich kontrastierend gewählt werden. (Naturstein, jeder sozusagen ein Unikat). Die perfekt gespannten Oberflächen werden geflämmt und gebürstet, wodurch sich eine lebendige Struktur ergibt. Die im Park liegenden Steinobjekte verändern mit dieser Oberflächenstruktur durch Wettergeschehnisse (feucht / trocken) ihre optische Wirkung, wodurch es zu einem permanentem diskret in der Intensität variierenden Farbgeschehen kommt.
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