Departure into the Landscape

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jury recommendation for realization

realization in collaboration with studio basta, Kortrijk

commissioned proposal, 2011-2017

lelijke plekjes ‚Ugly Spoty‘

 

Einer Haltestelle wieder Halt geben

Linien und Netzwerke – Lelijke Plekjes (Häßliche Orte) war 2009-2012 eine Initiative der westflämischen interkommunalen Agentur Leiedal. Die Initiative gab 2011 an zehn Orten in der Region den Impuls, öffentlichen Raum neu ins Bewusstsein zu rufen und mit landschaftsarchitektonischen Interventionen Qualitäten und Potentiale neu zu bewerten. An zwei Orten wurden in den Folgejahren Projekte von 100Landschaftsarchitektur realisiert, die den Kontext neu zuordnen und versuchen der Wiederverknüpfung der Landschaften Westflanderns einen neuen Erzählstrang hinzuzufügen. Das erste im Rahmen von Lelijke Plekjes realisierte Projekt ist ‚A Stop on the Line’ (2012) in Rollegem, beauftragt durch die Stadt Kortrijk. 2017 wurde ‚Departure into the Landscape’ eröffnet. Beide Projekte behandeln ‚seltsame’ Orte, die als Brachen nach dem Rückbau des bis in die 1980er Jahre ganz Westflandern durchziehenden Netzwerkes an Regional- und Straßenbahnen entstanden.

Situation – Der Oud Stationsplein im kleinen Dorf Sint Denijs ist Teil der Infrastruktur der ehe-maligen Regionalbahnlinie 85 ‘Trimaarzate’. Der Bahnverkehr wurde 1960 aufgegeben. Der alte Bahnhofsplatz lag für viele Jahrzehnte brach. Das Bahnhofsgebäude, an das sich fast niemand mehr erinnert, wurde vor sehr langer Zeit abgebrochen. Außer einer kleinen Bushaltestelle und einem nun heruntergekommenen Café verwies nichts auf die ehemals zentralen Funktionen eines kleinen Verkehrsknotenpunktes. Der ein paar hundert Meter weiter gelegene Raum um die Kirche herum übernahm die zentrale Rolle. Mit den in phasenweiser Umsetzung befindlichen „Grünen Achsen“, einem Programm der Provinz Westflandern, erhält das ehemalige Bahnnetz jedoch eine neue Rolle und der alte Bahnhofsplatz wird wieder ein Kreuzungspunkt für Radfahrer, Wanderer und Spaziergänger.

Projekt – Das Projekt für die Regenerierung des vernachlässigten Ortes widmet sich drei Hauptthemen: dem Öffnen der Sichtbezüge über den gesamten Platzraum, der Klärung von Bewegungsbezügen und dem einer gestalterischen Narration, die den kulturellen Kontext des Ortes neu erschließt.

Öffnen des Platzes – Die wichtigste räumliche Geste ist die Öffnung der Sichtbeziehungen über den Platzraum hinweg. Hierzu wurden eine Reihe von ruderal aufgewachsenen Bäumen ausgelichtet oder gefällt. Einzeln stehende Bäume im offenen Platzraum gehen nun zu einem dichteren Vegetationsvolumen über, das den neuen Radweg in die offene Feldflur begleitet. Die Öffnung des Platzraumes wird durch die seitliche Positionierung der Bushaltestelle verstärkt und das allgemeine Beräumen von überflüssigen Objekten und Verkehrsschildern aus der Mitte des Raums. Zwei Tulpenbäume werden jedoch an zentraler Stelle gepflanzt: Sie bilden ein Tor auf den Platz und einen Bildrahmen für die dahinter liegende Landschaft.

Orte schaffen – Die Neuorganisation der vormals vorhandenen Oberflächen des Platzes erweitert die funktionalen Möglichkeiten des Platzes. Das historische Kopfsteinpflaster wurde aufgenommen und neue über die querende Durchgangstrasse hinaus bis an den Platzrand geführt. Der Platz erhält eine neue Rolle: selbst eilig Passierende führt es nun über einen Platz. Während motorisierter Verkehr hier nicht ausgeschlossen sein soll – immerhin ist das Zusammenkommen verschiedener Verkehrsmodalitäten für einen Bahnhofsplatz wesentlich – wird er doch reduziert und klarer geregelt. Das Café am Platz erhält einen Anschluss an den Bürgersteig, erweitert als Terrasse. Fußgänger, Radfahrer und Autos kommen nun auf dem Platz zusammen.

Neue Bahnsteige – Die zentrale gestalterische Geste besteht aus zwei neuen „Bahnsteigen“. Die beiden Formen sind mit Ziegelsteinen gebaut, wie die an den Platz angrenzenden Häuser. Mit unterschiedlicher Länge und Breite, als polyvalente, abstrakte Form konzipiert, verweisen sie gleichzeitig auf frühere Bahnsteige und Bahnhofsgebäude und katalysieren die Reaktivierung des Platz. Die Elemente dienen als Plattform und Sitzelement, als Raumteiler und Wegmarke. Sie verknüpfen als Merkzeichen den dörflich-urbanen Platz mit den neuen Fahrrad- und Wanderwegen in die direkt anschließende Feldflur. Ein Aufbruch in die Landschaft.

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